… über Bewusstsein von Peter Nöbauer. „Nie haben die Massen nach Wahrheit gedürstet. Von den Tatsachen, die ihnen mißfallen, wenden sie sich ab und ziehen es vor, den Irrtum zu vergöttern, wenn er sie zu verführen vermag. Wer sie zu täuschen versteht, wird leicht ihr Herr, wer sie aufzuklären sucht, stets ihr Opfer.” (Zitat Gustave le Bon).
War das auch Sokrates bewusst, als er sagte: „Ich weiß, dass ich nichts weiß!” Die Möglichkeiten, diesen Satz zu interpretieren, sind sehr vielfältig: Eines ist aber ist aber unbestreitbar, dass er sagt, ICH WEISS! Um das sagen zu können, muss ich wissen, dass es ein Wissen gibt, auch wenn ich dieses als inhaltsleer oder nichtig, als ein Nichts beschreibe. Es gibt etwas, und es gibt ein Wissen und etwas, wo dieses Wissen aufbewahrt und wieder abgerufen werden kann. Der Aufbewahrungsort kann leer sein, oder unzugänglich, oder so dunkel, dass es als nichts (ein Nichts) empfunden wird. Oder es kommt nicht an besagten Ort (Speicher), oder fließt wie Wasser einfach hindurch. Will sich ein Künstler mit den Formen des Lebendigen beschäftigen, kommt er an diesen Beobachtungen und Fragen nicht vorbei. ABER WO anfangen?? In meinem Fall waren es die Pflanzen und die Vorarbeiten von J.W. von Goethe, die mir als Orientierung und Leitfaden gedient haben:
Müsset im Naturbetrachten
Immer eins wie alles achten.
Nichts ist drinnen, nichts ist draußen;
Denn was innen, das ist außen.
So ergreifet ohne Säumnis
Heilig öffentlich Geheimnis.
Freuet euch des wahren Scheins,
Euch des ernsten Spieles!
Kein Lebend’ges ist ein Eins,
Immer ist’s ein Vieles.
(Epirrhema).
In Faust spricht das Mephisto so aus:
Wer will was Lebendigs erkennen und beschreiben,
Sucht erst den Geist heraus zu treiben,
Dann hat er die Teile in seiner Hand,
Fehlt leider! nur das geistige Band.
Für einen Bildhauer, der an den Pflanzen das Lebendige sucht, bietet sich die Oberfläche an. Diese Welt der Mulden und des Buckligen ist verwirrend genug in Wurzeln, Stengeln, Blättern, Blüten, Früchten und Samen. Wie kann ich wissen, wo eine Mulde ist und wo ein Buckel anfängt. Am sinnigsten durch aufmerksames Tasten mit dem Finger. Wenn der Finger fast keinen Kontakt mehr hat zur Oberfläche, weiß ich mich wie auf dem Buckel, wie auf dem Rücken eines Pferdes – wenn ich mich dem Schwung hingebe, werde ich bald durch die Luft geworfen. Umgekehrt in der Mulde eingebettet habe ich viel Kontakt zur Oberfläche, komme zur Ruhe. „Das zur Ruhe” kommen findet im Lebendigen niemals ganz statt. Irgendwo bildet sich im Lebendigen ein Sog, ein Wirbel. So klein kann mein Finger gar nicht sein, dass er da noch mitkönnte. Die Fantasie und die Empfindung kommen jedoch in die kleinste Spitze und Ritze. Aus diesen Beobachtungen, Gedanken und künstlerischen Übungen hat sich ein Unterscheidungsvermögen entwickelt, das ich bereits vor 20 Jahren formuliert habe. In der Broschüre – aus dem Arbeitsbuch eines Bildhauers – von der noch einige Exemplare vorrätig und beziehbar sind.
Peter Nöbauer (*1948 in Innsbruck) ist ein österreichischer Betriebswirt, Bildhauer und Maler. Lebenslauf siehe Wikipedia. Bilder siehe artsavour.ch 4864 Attersee, Attergaustr.2/9 peter.noebauer@gmx.at 0699 88 456 225