Empire und Dreigliederung

Die Grundfragen: Wie kommt man zu einer alternativen Gesellschaftsordnung? Wie wäre eine Soziale Dreigliederung zu denken?

Text: Reinhard ApelDreigliederung bedeutet Rechtliches und Staatliches vom Wirtschaften zu trennen, und diese Beiden wieder zu separieren vom kulturellen Leben. In je eigenen Strukturen erscheinen als Tendenz: Freiheit für die Kultur, Gleichberechtigung in Recht und Politik, Brüderlichkeit in der Wirtschaft. Die Verquickung der drei Bereiche unter dem Stichwort „Einheitsstaat“ sollte vermieden werden.

Wirtschaft und Brüderlichkeit?

Wenn sich das Wirtschaftsleben nur aus sich selbst heraus entwickelt, erscheint zunächst Pragmatismus als Stimmung. Wie kann ich z.B. am besten ein Gut von A nach B bringen? Aus dem Pragmatismus und nicht aus moralischen Intentionen, ergibt sich allmählich die Brüderlichkeit. Weil Netzwerke entstehen und man zusammenarbeiten muss. Die Macht von Eigentümer, Investor oder Staat wird aus dem Rechtsleben oder Geistesleben irregulär in die Wirtschaft getragen und verursacht Probleme. Etwa Kriege um Rohstoffe.

Man kann anhand der Entwicklung des Seehandels zeigen, dass eine Neigung ohne staatliche Bindung zu wirtschaften durchaus bestanden hat. Die frühen europäischen Seekaufleute der Hanse haben es so gemacht. Sie haben Ihr Handelsnetz ohne staatliche Anbindung errichtet. In der Hanse erscheint das richtige Bild.

Der merkantile Kolonialismus

Hier überwiegt klar die angesprochene lockere und netzwerkartige Struktur. Zentralismus ist schwach ausgeprägt. Portugal und Holland zählen dazu, eher schwache Staaten in Europa mit großer Wirkung in Übersee. Portugals „Imperium“ war nur ein Handelsnetzwerk. Das wäre die echte Tendenz des Wirtschaftslebens, wenn es dem eigenen Leitstern folgt. Die Handelsrouten, welche die Portugiesen um 1500 nach Osten finden, sind heute der Welthandelsweg schlechthin. Der Suezkanal ist einfach eine Abkürzung, kein grundsätzlich neuer Weg.

Der imperiale Kolionalismus

Man denkt weniger an Handelsrouten, mehr an Territorialbesitz. Die stolzen Spanier sind das Paradebeispiel dafür. Sie bauen durchaus ein Imperium Hispanicum in Südamerika. Es vergeht rasch wieder. Die Franzosen führen dann anschließend auch im politischen Stil ihr Kolonialreich auf. In Nordafrika, quasi als Erweiterung des Vaterlandes nach Süden hält das Gebilde und wirkt noch heute nach. Doch in Übersee bleibt außer Quebec nicht viel bestehen. Frankreich hat seine kolonialen Bestrebungen zu wenig an den Handelsrouten ausgerichtet.

Wie haben also den beweglichen Händler auf der einen, den Staatsbildner auf der andern Seite.

Britannia

Nach dem Sieg über die große Armada der Spanier im Jahre 1588 braucht es längere Zeit und viele Versuche, bis den Pilgervätern der Mayflower 1620 die erste dauerhafte englische Besiedlung in Nordamerika gelingt. Relativ zügig entwickeln sich von da ab die berühmten 13 Colonies an der Ostküste. 1776 erklären sie ihre Unabhängigkeit vom britischen Empire, die sie nach dem War of Independence 1783 erhalten. Die amerikanische Unabhängigkeit ist eine herbe Niederlage für die Briten, bei der die Franzosen deutlich nachhelfen. Bedenkt man allerdings, was die USA heute für die englischsprachige Sache bedeuten, war es wohl eher eine Anzahlung auf die Zukunft.

Erfolg im Osten

Die Engländer setzten ihre überlegene Begabung für die Seefahrt wie gesagt gegen 1700 immer mehr um. Ihre Stützpunkte und Kolonien liegen anfangs weit verstreut, erfüllen aber genau ihren Zweck: Die Absicherung der Haupthandelsroute der Welt: Europa – Indien und Ostasien. Portugiesen und Spanier, Holländer und Franzosen, alle müssen Sie nach und nach den Briten weichen. So richtige Entdecker sind die Engländer eigentlich nicht. Sie übernehmen schon Bekanntes. Das zeigt sich am herausragenden Kapitän James Cook, Sieger über den Skorbut, der das vage bekannte Australien und auch Nieuw Zeeland als erster in seiner Bedeutung erkennt. Wo es Werte gibt, gehören sie naturgemäß England … und in dieser Absolutheit liegt schon der Fehler im Sinne sozialer Dreigliederung. Verwerten und Transportieren – ja. Von Staats wegen besitzen – nein.

Die Briten können vor allem Eines: Sich einstellen auf wechselnde Verhältnisse. Während spanische Größe vergeht, wenn die Zeiten sich wandeln, passt sich England an.

Frankreich der letzte Rivale

Auch Napoleon plant zunächst eine Invasion Englands. Und wieder ist es eine heroische Seeschlacht. Wieder ist England an Schiffszahl leicht unterlegen, wenn auch nicht so deutlich wie 1588. Wieder ist der Sieg glorreich und nicht ein britisches Schiff geht verloren. Die englischen Mannschaften und die Schiffsartillerie sind einfach besser.

Nachdem Frankreich also 1805 vor Trafalgar besiegt ist, kann man ruhig Napoleons Feldzügen zusehen. Es kommt doch auf die Seeherrschaft an! Ab den 1820er Jahren herrscht England 100 Jahre unangefochten über die Wellen und Seehandelsrouten.

Ganz richtig empfunden lässt daher der Franzose Jules Verne einen Engländer als Hauptfigur in seinem Roman auftreten, der die globalen Möglichkeiten des 19. Jahrhunderts so spannend verkörpert – Mr. Fogg.

Die Briten sind aber nicht nur Händler wie die Holländer. Sie sind auch Herrscher. Geschickt handhaben sie zwei Gesellschaftsbereiche immer miteinander verquickt: Das politische Element und das Wirtschaftsleben. Über eine Trennung der Strukturen wäre man im British Empire „not amused“ gewesen.

Heute

Dadurch tritt das englische Urbild des globalen Handels und Wirtschaftens leider verzerrt auf. Die freie Entfaltung des Handels hat im Empire endgültig Schlagseite bekommen, als die Londoner Politik das Ruder übernahm. Erstere liegt heutzutage tief unter den Fluten der Macht auf Grund. Gerade eben will der amerikanische Präsident einen Handelskrieg gegen China führen. Handel und Krieg gehören nicht zusammen!

Der wirklich freie Handel sollte dringend durch einen Bewusstseinsakt wiederentdeckt werden. Dann kann sich ein Freies Geistesleben an die wohlverstandene Bildung der Menschen machen und ein eigenständiges Rechtsleben die Soziale Frage lösen.

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