Text und Fotos: Dr. Jasmin Peschke
Dr. Jasmin Peschke hat auf Einladung von Demeter Österreich eine Gruppe dabei begleitet, sich in der Wahrnehmung der Qualität von Lebensmitteln zu üben. Hier berichtet sie vom zweitägigen Seminar am Wegwartehof.
Kann man ein Aroma malen? Ein Gefühl, das ein Lebensmittel auslöst, wahrnehmen und sogar
beschreiben? An zwei Tagen im März hat eine kleine Gruppe bei einem Seminar der Reihe
„Samenfest und Natursprung“ am Wegwartehof geübt und Erfahrungen gemacht, Qualität jenseits
der Laboranalytik wahrzunehmen.
Beim Aromamalen sehen Zucker, Salz und Honig für jede und jeden unterschiedlich aus, sie
schmecken ja auch verschieden. Aber wer hat schon ganz bewusst eine Prise Salz verkostet und
deren Eindruck, den sie auf einen macht, gemalt?
Drei verschiedene Wasser schmecken unterschiedlich und lösen in der wirksensorischen
Wahrnehmung jeweils eigene Eindrücke aus. Kuh- und Stutenmilch schmecken und wirken deutlich
unterschiedlich. Für die ein oder andere war es das erste Mal, dass Stutenmilch verkostet wurde, und
schon der Geschmack war überraschend, aber auch welche Gefühle und Eindrücke sie im Vergleich
zu Kuhmilch auslöst. Die Stutenmilch eher leicht, wach, hell und klar, die Kuhmilch dagegen förderte
eher die Behaglichkeit, die Wärme und das Runde. Erste spannende Erfahrungen konnten bei
der Einführung in die Wirksensorik gemacht werden. Wirksensorik ist eine wissenschaftliche
Methode, die Wirkung auf das körperliche und seelische Befinden, die sich nach dem Geschmack
einstellt, zu ermitteln. Sie wurde von Dr. Uwe Geier im Forschungsring, Darmstadt (D), entwickelt.
Durch das Üben der Wahrnehmungsfähigkeit wird Sicherheit in der Lebensmittelauswahl entwickelt
und man wird unabhängiger von Meinungen, Trends und Diätvorschriften. Man lernt sich und die
Lebensmittel kennen und weiß mit der Zeit, was einem guttut und was für die Arbeit, die man tun
will, förderlich ist.
So wird die Begegnung mit Lebensmitteln oder einer Mahlzeit anregend und wird Teil der Ernährung.
Manchmal kann die Fertigpizza geschmacklich zwar ok sein, aber kann man wirklich JA zu ihr sagen,
wenn man sie kauft? Das bedeutet JA zum Analogkäse und JA zu den Geschmacksverstärkern, die
jeweils eine ganze Industrie hinter sich stehen haben.
Mit der Lebensmittelauswahl unterstützt man die Art der Erzeugung und man kann sogar sagen, man
isst sie mit. So haben Konsumentinnen und Konsumenten Einflussmöglichkeiten auf die Welt, in der
wir leben. Der erste Schritt ist die Wahrnehmung, die Begegnung und Beziehung zu mir selbst und
über die Lebensmittel zur Umwelt.
Jasmin Peschke
Ernährungswissenschaftlerin, seit über 30 Jahren mit der Qualität von Lebensmitteln beschäftigt.
Zertifizierte Trainerin für Wirksensorik. Tätigkeiten in Qualitätsmanagement und
Qualitätsentwicklung für die Lebensmittel- und Kosmetikindustrie; seit 2016 an der Sektion für
Landwirtschaft am Goetheanum, dort Leitung des Fachbereiches Ernährung. Herausgeberin des
Buches Vom Acker auf den Teller.
Dr. Jasmin Peschke
Vom Acker auf den Teller
AT Verlag
ISBN 978-3039021116
Ihr zentrales Anliegen ist es, die komplexen Zusammenhänge im Ernährungssystem aufzuzeigen. Sie
möchte Menschen ermutigen, ihre eigene, selbstbestimmte Ernährung zu pflegen und so zu einer
gesunden Zukunft beizutragen.