Die Lichtwurzel

Besuch auf dem Demeter-Bauernhof der Familie Iris Empl und Herbert Habeler

Text und Fotos: Norbert Liszt

Ich fahre mit dem Bus von Wien nach Güssing im Südburgenland. Unmittelbar südlich der Haltestelle im Zentrum erhebt sich ein Hügel, um den sich die Stadt windet. Herbert Habeler kommt aus dem nahen Punitz, mich abzuholen. Zunächst besteigen wir den Burghügel. Die Reste der Burganlage bergen ein Museum und auf dem Gelände finden im Sommer die Güssinger Burgspiele statt. Man blickt von hier aus ostwärts über die Grenze nach Ungarn, westwärts Richtung steirisches Thermenland und etwa 7 km nördlich von Güssing liegt der Hof, den wir anschließend aufsuchen. Wald und Ackerland sind hier die beherrschenden Vegetationsformen. Herbert erklärt mir einiges über die geologischen und landschaftlichen Verhältnisse der sanft hügeligen Region und die Geschichte der Burg sowie der umliegenden Gebiete.

Auf dem Hof angelangt, führt mich Herbert gleich zu den Hochbeeten, aus denen sich ein dichter Teppich aus kleinen Blättern efeuähnlich auf einem Rankgerüst aus Holz und Schnüren etwa 3 m nach oben windet. In der Folge erfahre ich Einiges über die

Besonderheiten der Lichtwurzel

Die in Mitteleuropa als Lichtwurzel bekannte Pflanze gehört zur Familie der Yamswurzelgewächse (lat. Dioscorea batatas). Sie stammt ursprünglich aus China. Seit langem wird sie dort auf Böden mit sandigem Untergrund angebaut und als Medizinal- und Nahrungspflanze kultiviert. Sie ist eine Kletterpflanze, die sich an Kletterhilfen (Stangen, Schnüren, Bäumen, Sträuchern …) rechtsherum bis zu 8 und mehr Meter nach oben windet. Die Blätter sind herzförmig und haben einen rot-violetten Rand. Diese Färbung findet sich auch auf den Stängeln und der Wurzeloberfläche. Die Blüten sind weiß und traubenförmig und die dunklen kugelförmigen Brutknospen nennt man Bulbillen. Mit ihnen beginnt man die Züchtung. Für das Heranwachsen einer neuen Pflanze legt man den obersten Anteil der Wurzel in die Erde. Dieser Teil treibt im Frühling wieder aus.

Die Besonderheit der Lichtwurzel besteht darin, dass ihre Knolle sich nach unten hin verdickt. Sie kann sich bis zu 2 m tief in den Boden hineinsenken. Ihr Fruchtfleisch ist schneeweiß und von sehr zarter Konsistenz. Diese Umstände machen sowohl den Anbau als auch die Ernte schwierig. Entweder man gräbt tief in den Boden hinein und füllt die Vertiefung mit Sand und humusreicher Erde oder man baut Hochbeete. Den Namen bekam die Lichtwurzel, da sie im Wurzel-Speicherorgan Licht-Lebenskräfte in Form des Lichtäthers speichern kann. Diese Kräfte gibt sie über die Ernährung den Menschen weiter.

Herbert Habeler hat brusthohe Hochbeete gebaut. Die Befüllung besteht großteils aus Quarzsand, der mit etwa 20 cm humusreicher Erde bedeckt wird. Aus der Erdschicht holt sich die Pflanze die Nährstoffe. Der Quarz ist durchlässig für Licht, wie Glas, das ja aus Quarzsand hergestellt wird. Das Speicherorgan der Wurzel wächst, nach unten an Fülle zunehmend (siehe Bild), in den lichtverwandten Sand hinein.

Die Tatsache der Verdickung und die zarte Konsistenz der Wurzel bringen die Schwierigkeiten bei der Ernte mit sich. Sie muss sehr vorsichtig aus dem Hochbeet herausgelöst werden.

Die Lichtwurzel bindet Lichtätherkräfte

Die Idee, die Lichtwurzel hier in Europa anzubauen, stammt von Rudolf Steiner. Er empfahl sie als Nahrungsmittel besonders für Menschen unserer Zeit und sah in ihr eine Alternative zur Kartoffel. Laut Steiner bindet sie Lichtätherkräfte, welche die Menschen mit dem Verzehr der Wurzel aufnehmen würden. Diese Kräfte seien für die Entwicklung des Menschen von großer Bedeutung. Ein Kreis von Menschen, der sich von den Impulsen Rudolf Steiners angeregt fühlte, begann in den 1920er Jahren die Lichtwurzel intensiv zu beforschen. Zu diesem Forschungskreis gehörten Ita Wegmann, Günther Wachsmuth, Adalbert Graf von Keyserlingk und Ehrenfried Pfeiffer. Um zu erfahren, wie man die Lichtwurzel anbaut und kultiviert, reiste Günther Wachsmuth nach China, und Adalbert Graf von Keyserlingk führten die Forschungswege an den Bodensee, wo er in einem botanischen Garten die Lichtwurzel entdeckte. Diesen Pflanzentyp befand die Forschergruppe zur Kultivierung in Mitteleuropa geeignet.

Herbert Habeler hat sich mit den Forschungsergebnissen gründlich auseinandergesetzt und wünscht sich, dass die Lichtwurzel in unseren Breiten mehr Bekanntheit erlangt, da sie den körperlichen und seelischen Verhärtungstendenzen der Menschen unserer Zeit durch ihre belebenden Lichtätherkräfte entgegenwirken kann.

Der Äther ist ein geistiges Element, von kosmischer Wirkkraft. Er ist als Bilde- oder Formkraft in allen Elementen wirksam. Diese Kraft erfasst die unbelebten Stoffe und führt sie in eine neue Ordnung über. Die vier Ätherarten – Wärme-, Licht-, Klang- und Lebensäther, sind die Erzeuger der Grundelemente Feuer (Wärme), Luft, Wasser und Erde. Wir haben es bei der Lichtyams-Pflanze vorwiegend mit den Lichtätherkräften zu tun, die über die Luft der Pflanze vermittelt werden.

Durch seine strahlende Wirksamkeit öffnet das Licht den irdischen Raum. Indem es den Luftraum erhellt, werden die Dinge sichtbar. Im Sichtbarwerden nehmen sie etwas vom Licht an sich. Was sie reflektieren, ist somit verdunkeltes Licht, womit uns die Welt in Farben erscheint. „Am farbigen Abglanz haben wir das Leben.“² Mit diesen Worten beschreibt Heinrich Faust das Erscheinen eines Regenbogens im stäubenden Wasserfall.

Die Ätherkräfte manifestieren sich als Ätherleib in allen lebendigen Wesen. In allen Erdenwesen bewirken sie Lebensprozesse (Wachsen, Organbildung, Zellerneuerung, Fortpflanzung …). Der Ätherleib ist nicht bloß das Ergebnis der Stoffe und Kräfte des physischen Leibes, sondern eine selbständige, wirkliche Wesenheit, welche die genannten physischen Stoffe und Kräfte erst zum Leben aufruft

Im Lichtäther – man kann ihn als geistiges Licht bezeichnen – drückt sich das Gefühl aus. Er wirkt aufhellend auf das menschliche Gefühlsleben, so dass es auch als Mitgefühl nach außen strahlen kann.

Seit 2009 wird die Lichtwurzel am Demeterhof Mercurius, von Herbert Habeler und Iris Empl, angebaut und biodynamisch kultiviert. Anfang Mai beginnt die Auspflanzung. Die Blattmasse der Pflanze dringt weit nach oben in den von Licht durchdrungenen Luftraum. Dort empfängt sie die Lichtätherkräfte, die in die Wurzel weiterleitet und dort gespeichert werden. Die händische Ernte der feinstofflichen Speicherwurzel erfolgt in den frühen Novembertagen.

Herstellung und Verkauf der Lichtyam-Wurzel-Produkte

Die Wurzel wird gewaschen und geschält. Sie kann als Rohkost oder durch schonendes Dünsten etc. als Beilage – auch in Suppen- und Eintopfgerichten u.a.m. gegessen werden. In dünne Scheiben gehobelt (Chips), getrocknet und händisch zu feinem Pulver vermahlen, ist das Wurzelpulver eine belebende Zutat für Backwaren, Müsli, Joghurt, Frucht- und Gemüsesäfte und gekochte Gerichte. Es gibt auch Lichtyam-Wurzelsalz und -Kräutersalz.

Lichtwurzelpräparate finden auch in der Medizin Anwendung – der Demeterhof Mercurius liefert seine Produkte auch an Ärzte, Krankenhäuser und Kunden in ganz Europa. Pharmakologische Untersuchungen der Lichtwurzel ergeben, dass sie reichlich Spurenelemente, Vitamine, Aminosäuren, u.a.m. in sich birgt. Sie enthält auch eine Vorstufe des Gelbkörperhormons Progesteron.

Man spricht der Lichtwurzel allgemein belebende Wirkung zu. Dazu kommt, dass sie entwässernd, appetitanregend, blutzuckersenkend, verdauungsfördernd und entzündungshemmend wirkt.

¹ Rudolf Steiner, Theosophie, IV. Leib, Seele und Geist, GA 9

² Johann Wolfgang Goethe, Faust II, Erster Akt

Empfohlene Literatur zum Thema:

ROSENBLÜT Verlag, ISBN: 978-3-942697-05-7. ca.€ 14,- (kann nur beim Autor selbst bezogen werden)

1993, 128 Seiten, Kooperative Dürnau (Verlag), € 16,50€, 978-3-88861-030-1 (ISBN)

 

 

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