Lebendiges Denken erlernen wollen.
Text: Matthias Reichert, Goetheanistische Studienstädte, 1230 Wien, Mai 2020
Das lebendige Denken bildet sich durch die willentliche, kontinuierliche Hingabe, der Aufmerksamkeit und der respektvollen betrachtenden Seelenhaltung im Wahrnehmen von Natur-Erscheinungen. Durch die konkrete sinnenfällige Hinwendung zu den Erscheinungen der Natur, beginnt der kontinuierliche Betrachter ein Erlebnis für die Zusammenhänge der Einzelerscheinungen in den sich entwickelnden und sich verwandelnden Naturphänomenen zu erlangen.
Diese gesunde Sinnlichkeit, die von einer energischen Tatkraft beseelt ist, inspiriert das Denken, das aus dieser Welt kommt.
Das Erkennen der lebendigen Ordnungsgeheimnisse, die hinter den Erscheinungen leben, offenbart, wie jede Einzelerscheinung im Ganzen lebend ist. Wollendes, nachempfindendes Denken bildet sich ausdiesem grundlegenden Übungsweg.
Hier wird lebendig, wie jede Einzelerscheinung in ihrer Entwicklung und Verwandlung einem höheren Ganzen zustrebt. Es ist die Verwandlung eines momentanen Soseins zu einem ewigen Allsein. Diesen Übungsweg beschreibt Rudolf Steiner in seinem Werk „Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten“ in besonderer Art.
Die Bedingungen bzw. die Grundstimmung sind hier, den Pfad der Verehrung gegenüber der Natur, der Devotion gegenüber der Wahrheit und der Erkenntnis wieder in das alltägliche Tun zu integrieren.
Naturbetrachtung wird zur Selbsterziehung, um in ein phänomenologisches lebendiges Denken wieder einzutauchen.
Die Gleichwertigkeit im Studium der äußeren sinnenfälligen Natur in ihrem Wandel mit dem Studium der Schrift „Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten“ kann so das tote Denken des Menschen wieder zu einer inneren Auferstehung im lebendigen Denken hinführen.
Goethe war in dieser Hinwendung an die Natur ein vortreffliches Vorbild in seiner willentlichen täglichen Interessenskultur.
Dies wieder zu wollen, kann nur der freie Entschluss des einzelnen Menschen hervorbringen. Der aus Einsicht handelnde Mensch, der sich durch Übungswege wieder in den Einklang mit der Natur bringt, erzeugt dadurch sein lebendiges Denken.
Durch das lebendige Denken entwickelt sich eine selbstgewählte Verantwortung der Natur, der Erde, der Pflanze, dem Tiere und dem Menschen gegenüber.
Diese Haltung jedes Einzelnen wird unsere Zukunft bestimmen, indem das Lebendige ddas Tote überwindet.
Wird dieser Übungsweg durch praktisch – künstlerische Tätigkeit vertieft. So erlangt das lebendige Denken eine bildhafte Qualität.
Die Metamorphosen und zyklischen Darstellungen im Künstlerischen, im Zeichnen, Malen und im Plastischen, werden seit Jahrzehnten an der Goetheanistischen Studienstätte gepflegt.